Erfindung mit Erfolgsaussicht: Die Diplom-Ingenieure Christoph Becker (li.) und Matthias hermes präsentieren den Prototyp eines "intrementellen Rohrumformers. Becker bearbeitet ein DFG Grundlagenforschungsprojekt, das auf der Maschine durchgeführt wird. Foto: Jürgen Huhn
Von der Anmeldung eines Patents bis zum fertigen neuen Produkt ist es meist ein langer Weg. Mit einer neuen Strategie möchte die Technische Universität Dortmund die Patentierung von wissenschaftlichen Erfindungen ihrer Beschäftigten jetzt effizienter gestalten. Die Patentkommission unter Leitung von TU-Kanzler Albrecht Ehlers empfiehlt, dass Erfindungen, die an der TU Dortmund entwickelt werden, bei entsprechender Eignung direkt als internationales Patent angemeldet werden. Zugleich sollen Erfinderinnen, Erfinder und Lehrstühle ihre Ideen weiterentwickeln, damit diese erfolgreich verwertet werden können.
„Die Hochschule will damit die wissenschaftliche Arbeit der einzelnen Lehrstühle und Institute stärken und unterstützen“, so Albrecht Ehlers. „Angestrebt wird auch die Erzielung von Verwertungseinnahmen, aber eben nicht als primäres Ziel und auch eher auf längere Sicht.“ Mit der neuen Patentstrategie werde mit Blick auf die Außendarstellung zudem stärker betont, welchen Beitrag die TU Dortmund zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung leistet.
Ein zentraler Bestandteil ist das neue Finanzierungsmodell: Lehrstühle können zukünftig wählen, in welchem Maß sie sich an den Kosten der Patentanmeldung beteiligen wollen. Je mehr Kosten ein Lehrstuhl dabei selbst übernimmt, desto mehr kann er im Anschluss durch die Verwertung der Erfindung auch einnehmen.
Auf Wunsch übernimmt die TU Dortmund bis zu 100 Prozent der Kosten.
Die Erfinderinnen und Erfinder erhalten in jedem Fall den gesetzlichen Anteil von 30 Prozent der Verwertungseinnahmen. In Zukunft soll es für jede Erfindung einen Projektplan geben, in den die Beiträge der verschiedenen Akteure sowie ein Zeitplan aufgenommen werden.
Die Rundumerneuerung der Patentierung an der TU Dortmund zielt auch darauf ab, die Exzellenz der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hervorzuheben. Darüber hinaus erhofft sich die Kommission mehr patentgestützte Unternehmensgründungen.
Ein aktuelles Beispiel für ein erfolgreich umgesetztes Patent liefert das Institut für Umformtechnik und Leichtbau (IUL). Vor fünf Jahren meldete das IUL der TU Dortmund die Erfindung „Rohrbiegen mit gleichzeitigem Einziehen des Rohrdurchmessers“ von Dipl.-Ing. Matthias Hermes und Miterfindern an. Mit diesem Verfahren können Rohre mit verschiedenen Querschnitten und Konturen flexibel gefertigt werden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Die Rohre können etwa in der Automobilindustrie bei der Fertigung von Leichtbaukarosserieteilen und Abgassystemen, in der Heizungstechnik bei Wärmetauschern und im Luftfahrtbereich bei der Herstellung anspruchsvoller Bauteile eingesetzt werden.
Im nächsten Schritt schätzte die Patentverwertungsgesellschaft PROvendis (eine Tochter der TU Dortmund und anderer NRW-Hochschulen) die Erfindung als patentfähig und wirtschaftlich verwertbar ein. Die TU nahm die Erfindung in Anspruch und meldete sie beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Titel „Inkrementelles Rohrumformen“ an. Kosten: knapp 4000 Euro. Mittlerweile ist die Erfindung in weiteren europäischen Ländern geschützt.
Für eine erfolgreiche wirtschaftliche Verwertung war noch der praktische Funktionsnachweis für interessierte Lizenznehmer notwendig. Das geschieht in der Regel über einen Prototyp, dessen Herstellung wiederum Geld kostet, für das ein Institut Finanzierungsquellen benötigt. Matthias Hermes und Institutsleiter Prof. A. Erman Tekkaya lösten dieses Problem durch die Einwerbung eines ZIM-Projektes (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand), für das sie als erforderlichen Partner die Transfluid GmbH, ein Maschinenbauunternehmen aus Schmallenberg, gewinnen konnten.
Aufgrund der positiven Ergebnisse war Transfluid an einer Nutzungslizenz interessiert, und bereits 2009 kam es mit Unterstützung von PROvendis zum Vertragsabschluss. Fünf Jahre nach Meldung der Erfindung sind nun auch die letzten Entwicklungsarbeiten abgeschlossen, und die Transfluid GmbH hofft, noch in diesem Jahr erste Biegemaschinen zu verkaufen. „Von den Lizenzen würden auch die Erfinder und die TU Dortmund profitieren“, sagt Prof. Andrzej Górak, Prorektor Forschung der TU Dortmund. „Positiv zudem: Die Wertschöpfung bleibt in NRW und damit im weiteren Umfeld der Universität.“